Ultras

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Entstehung

Die Ultra-Bewegung hat ihre Wurzeln im Italien der frühen 1950er und 1960er, als sich erstmals „fußballverrückte“ Jugendliche in Gruppen zusammenschlossen, um ihre jeweiligen Lieblingsmannschaften gemeinsam organisiert zu unterstützen. Der Name der Bewegung geht angeblich auf eine italienische Zeitung zurück, die Anhänger des AC Torino als „Ultra“ (italienisch für extrem) bezeichnete, als diese nach einer 2:3 Niederlage einen Schiedsrichter bis zum Flughafen verfolgten. Ultra ist ein lateinisches Wort und bedeutet auf Deutsch darüber hinaus. Wo und wann genau die erste Ultra-Gruppierung in Erscheinung getreten ist, lässt sich nicht sicher feststellen. Die Ultras Fedelissimi Granata (gegründet 1951) aus Turin und Ultras Sant Alberto aus Genua zählen wohl zu den ersten Ultras in Italien. Graffiti von Ultra-Gruppierungen an Genuas Hauswänden aus dem Jahr 1968 sind ein Beleg für das Ent- und Bestehen der Ultra-Bewegung. In den Anfangsjahren waren es nur relativ wenige Jugendliche und Erwachsene, die sich durch Balkenschals, Trommeln, Choreografien, Feuerwerke und gemeinsam organisierte Auswärtsfahrten von den anderen Tifosi unterschieden. Die Bewegung breitete sich rasch aus; in weiten Teilen Europas bildeten sich derartige Gruppierungen. Das Vereinigte Königreich ist eines der wenigen Länder, in dem die Ultra-Bewegung bisher keinen Anklang finden konnte. Dies könnte daran liegen, dass sich jüngere Anhänger den Stadionbesuch auf Grund der dort üblichen sehr hohen Eintrittspreise zumeist nicht leisten können.

Die erste Gruppe in der deutschen Bundesliga waren 1989 die Soccer Boyz (heute: Mad Boyz) aus Leverkusen. In den 1990er Jahren wuchs die 'Szene' in Deutschland langsam; nach der Jahrtausendwende übernahmen in vielen Vereinen die Ultras die „Vorherrschaft“ in den Fankurven gegenüber unorganisierten oder in herkömmlichen Fanclubs organisierten Fans. Mittlerweile existieren bei fast allen Vereinen der oberen drei Ligen Gruppen, die sich selbst als Ultras sehen, außerdem auch in hierarchisch tieferen Spielklassen.

Struktur

Bei Ultras handelt es sich um fanatische Anhänger, deren Ziel es ist, ihren Verein „immer und überall bestmöglich zu unterstützen“. Neben der akustischen Unterstützung, die sehr häufig von einem sogenannten Capo (von italienisch il capo für Haupt oder Anführer) mittels Megaphon koordiniert und durch Trommeln begleitet wird, legen Ultras auch viel Wert auf optische Hilfsmittel wie z. B. Konfettiregen, bengalische Feuer und Fahnenmeere. Außerdem kreieren, finanzieren und organisieren die Ultras farbige Choreographien. Bei diesen Choreographien bereiten die Ultras Materialien vor, die zu Spielbeginn an alle Zuschauer (auch Nicht-Ultras) eines Stadionbereiches ausgegeben werden und die durch gleichzeitiges Hochhalten z. B. ein großflächiges Vereinswappen ergeben. Oft werden auch Überrollfahnen oder Wurfrollen verwendet. Unterstützung durch Sponsoren oder Vereine wird strikt abgelehnt. Ultras finanzieren sich meist durch eigene Mitgliedsbeiträge und durch den Verkauf von selbstkreierten Fanartikeln. Ultras stehen der Vereinsführung in der Regel kritischer gegenüber als andere Fans. Für sie stehen Themen wie der Erhalt der Fan-Kultur und der Identität oft im Konflikt zu Entscheidungen der Entscheidungsträger der Vereine, die die Ultras als wirtschaftlich motiviert bewertet bzw. als „Kommerzialisierung des Sports“ kritisieren. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Protest gegen das als Willkür und „Repressionen“ empfundene Vorgehen von Polizei und Ordnern gegen Fußballfans aller Couleur, oftmals mit Sprechchören wie z. B. „All Cops Are Bastards - A.C.A.B.!“ oder in Deutschland mit „Fußballfans sind keine Verbrecher“. Besonders bei diesem Thema gibt es einen großen Zusammenhalt zwischen Ultra-Gruppierungen eigentlich rivalisierender Vereine. So bekundeten im Frühjahr 2008 mehrere Gruppen ihre Solidarität mit den Ultras Gelsenkirchen. Einige Spieltage zuvor waren bei einem Großeinsatz der Polizei an einem Fantreffpunkt der Schalker die Daten von 190 Personen aufgenommen worden. Protestaktionen richten sich auch gegen die den Ultras zufolge oft ungerechtfertigten Stadionverbote. Auch in politischen Konflikten haben Ultra-Gruppen Stellung bezogen. Die Ultras Al-Ahlawy des ägyptischen Vereins Al-Ahly Kairo beteiligten sich an der Revolution in Ägypten 2011. Sie traten hier als Verteidigung der Aufständischen des Tahrir-Platz gegenüber der Polizei auf. Im Februar 2012 wurden die Ultras Al-Ahlawy bei einem Fußballspiel angegriffen und viele von ihnen getötet. Es wird vermutet, dass dieser Angriff von Revolutionsgegnern gesteuert wurde. Viele Ultra-Gruppierungen pflegen Freundschaften zu Ultra-Gruppierungen von anderen Vereinen und unterstützen sich oft gegenseitig.